Ittemeinglische oder das Mattenenglisch: Kennen Sie die Geheimsprache der Berner Matte?

Wer denkt, dass Sprachen nur der Verständigung dienen, der kennt das Mattenenglisch noch nicht. Diese einzigartige Geheimsprache aus dem Berner Mattequartier entstand aus praktischer Notwendigkeit und – typisch Bern – aus ein wenig Trotz. Sprachinteressierte finden hier ein faszinierendes Beispiel für kulturelle Sprachenvielfalt direkt im Herzen der Bundesstadt.

Ursprung in der Berner Unterstadt

Mattenenglisch wurde einst von den Händlern der Matte – einem Arbeiterquartier in der Stadt Bern – gesprochen. Die Sprache diente ursprünglich dazu, sich gegenüber den Thuner oder Aargauer Händlern, der Obrigkeit, Lehrpersonen oder der Polizei abzugrenzen und sich geheim abzusprechen. Später wurde sie zum Symbol für Zusammenhalt und Ausdruck lokaler Identität. Zurzeit gibt es nur noch etwa 100 Menschen, die die Sprache noch fliessend sprechen. Nicht zu verwechseln ist das Mattenenglisch übrigens mit dem Mattendialekt: Dieser ist ein lokaler Dialekt der Mattebewohner, aus dem unter anderem die typischen Berner Ausdrücke wie «Gieu» (Bub), «Modi» (Mädchen), «ä Ligu Lehm» (ein Stück Brot) oder das mundfaule «iu» entstanden sind, welche heute noch gang und gäbe sind in den Gassen der Berner Altstadt.

Wie entstehen die Wörter?

Die Wortbildung im Mattenenglisch folgt bestimmten Mustern und ist eine sogenannte i-e-Sprache, die auf dem Mattebärndütsch basiert.

Häufig wird die ursprüngliche Bedeutung verzerrt oder durch Silbenvertauschung nach folgenden drei Regeln verfremdet.

  1. Buchstaben bis und mit dem ersten Vokal werden abgetrennt und am Wortende angesetzt.
    SCHI /FERE à FERE’SCHI
  2. An den Wortanfang wird ein i gestellt à IFERE’SCHI
  3. Der letzte Buchstabe (Vokal) wird durch e ersetzt à IFERE’SCHE

So wird z. B. aus dem Wort «Matte-Tschugger» (berndeutsch für «Matte-Polizist»)  nach Anwendung obiger Regeln «Itte-me-Igger’tsche».

Kurzwörter wie «i», «a», «e» oder «z» werden nicht geändert:

Hochdeutsch

Berndeutsch

Mattenenglisch

im Keller

im Chäuer

i Iuer’che

in Bern

z’Bärn

z Irn’be

ein Stein

e Chemp

e Imp’che


Umlaute mag das Mattenenglisch überhaupt nicht, diese werden dann ganz simpel mit einem e übertragen, wie die obigen Beispiele für «Chäuer» und «Bärn» zeigen.

Es gibt natürlich noch weitere Regeln, z.B. bei zusammengesetzten Wörtern, Artikeln, Fürwörtern oder Doppelvokalen.

Mehr als nur Kindersprache

Obwohl Mattenenglisch heute nur noch von den Mitgliedern des Matteänglisch-Club Bern aktiv gesprochen wird, lebt es in der Kultur weiter. Theaterstücke, Bücher und die Webseite www.matteaenglisch.ch tragen dazu bei, diese Tradition zu bewahren. Für die Übersetzungswelt ist das Mattenenglisch ein spannendes Beispiel für Sprachwandel, Identität und soziolinguistische Vielfalt – ein Reminder, dass Sprache mehr ist als nur Kommunikation: Sie ist ein Stück Tradition und Heimat.

Ein Rundgang durch die Matte mit Christine Ris (Co-Präsidentin des Matteänglisch-Clubs) lohnt sich auf jeden Fall: www.matte-führung.ch

In diesem Sinne: Iu’tsche ime’ze ind’e iu’ve Iss’spe! (Tschou zäme und viu Spass!)